Eine intelligent gemachte Verbraucherschutz-Seite ist www.reklabox.com. Hier kann sich jeder, der eine Beschwerde loswerden will, nicht nur im Netz mit anderen austauschen, die ähnliche Erlebnisse hatten. Die Beschwerden werden auch an die betroffenen Firmen oder Ämter weitergeleitet, die dann Gelegenheit haben, dazu Stellung zu nehmen. So wurde offenbar schon eine Reihe von Beschwerden auch tatsächlich gelöst, was den Nutzen der Seite für die Schreiber der Beschwerden natürlich deutlich steigert. Durch einige Instrumente ist die Seite zudem recht unterhaltsam gestaltet, z.B. gibt es ein Ranking der beliebtesten Beschwerden. Offenbar auch deshalb hat sich inzwischen bei Reklabox eine kleine Gemeinde von Kommentatoren zu den Berichten versammelt, teilweise mit wieder nützlichen HInweisen. Die Seite hat das Zeug, sich zu einer Verbraucherschutzseite mit echter Wirkung auf Unternehmen und Behörden zu entwickeln, da die Beschwerden bei Google häufig direkt nach dem Firmeneintrag auftauchen. Noch allerdings fehlt der Seite die ausreichende Zahl an Beschwerde-Schreibern. Einige Firmen müßten aber eigentlich schon ihr fragwürdiges Geschäftsmodell aufgegeben haben, wenn man bei Reklabox die zahlreichen Berichte über dubiose Methoden verfolgt.
“Opinion Leader Relationship Management (OLRM)”
Derzeit stellen sich Beratungsfirmen auf, die Unternehmen im Umgang mit dem Internet helfen wollen. Dabei geht es vor allem darum, wie Firmen auf Kommentare in Blogs oder Verbraucherschutzseiten reagieren sollen. Offenbar herrscht gerade bei deutschen Firmen hier einige Unsicherheit. Auf dem Markt sind Beratungsagenturen wie VICO, Research Consulting (”Social Media Monitoring”), oder trafficmaxx. SMAART reputation (”Wissen Sie, was im Internet über Sie gesagt wird… und was das für Ihren Umsatz bedeuten kann?”). Diese Agenturen bieten “Ansprache von Meinungsführern im Social Web” (VICO) und “Word-of-Mouth-Optimierung” und, welch schönes Wort-Ungetüm, “Opinion Leader Relationship Management (OLRM)” an – also den Versuch gezielter Einflußnahme auf die Nutzer und Betreiber von Meinungsseiten im Internet. Bekanntlich geht so etwas gerne schief und führt zu gegenteiligen Effekten, sprich Hohn und Spott im Internet.
Dieses scheint ohnehin ein Geschäftszweig zu sein, über dessen Beanspruchung durch Firmen man sich wundern kann. Es müßte doch zuallerst das Interesse der Firmen sein, sich mit ihren Kunden gerade auch im Internet selber auseinanderzusetzen und dort durch Kundenfreundlichkeit für sich und die eigenen Produkte zu werben und sich so Vertrauen und ein darauf gegründetes Image zu verschaffen. Wer weiß schließlich besser über die Produkte, ihre Vor- und Nachteile Bescheid als die Hersteller selber? Warum sollte man die Kommunikation mit Kunden und Kritikern irgend jemand anderem anvertrauen als den eigenen Leuten?
Internet-Beschwerde-Foren IV
Einer der bekanntesten deutschen Blogger – Robert Basic (www.basicthinking.de) – hat sich kürzlich auch dem Verbraucherschutz zugewandt. Seine Seite dafür heißt www.das-war-nicht.net. Im November des vergangenen Jahres hatte er in seinem ursprünglichen Blog eine Abstimmung über den Titel der Beschwerde-Seite abgehalten und ein erstes Design festgelegt und über das Konzept diskutiert. Bis dato ist aber auf der neuen Seite nicht mehr zu sehen als einige Platzhalter-Texte. Offenbar ist das Projekt einer funktionierenden Verbraucherschutz-Seite doch etwas komplexer, als im ersten Anlauf gedacht.
Sich beschweren macht Spaß
Sich Beschweren bedeutet das Gegenteil. Man entschwert sich, meistens jedenfalls, wird seinen Ärger, seine Enttäuschung los, und beschwert jemand anderen. Beschweren kann zudem heißen, ein Produkt oder eine Dienstleistung zu verbessern.
Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt, hieß ein schöner Spruch der 68er. Jeder hat in seinem Leben schon zahlreich Situationen erlebt, in denen er mit einer Sache, einer Dienstleistung, einer Behörde nicht zufrieden war. Sich beschweren ist trotz der manchmal geradezu feindseligen Reaktion von Firmen oder Behörden keine Störung einer feingefügten Ordnung – sondern eine Tat mit ökonomischer und sozialer Bedeutung: Die Firma, die Behörde erhält die Gelegenheit, nicht nur das Problem desjenigen zu lösen, der sich beschwert, sie kann außerdem leichter anderen, nachfolgenden Kunden, Klienten, Bürgern, Patienten bessere Produkte und Dienstleistungen anbieten.
Wer sich beschwert, arbeitet also an der Verbesserung der Welt. Wer sich beschwert, nimmt ein urdemokratisches Recht wahr. Damit aber tun sich aber immer noch viele Anbieter von Leistungen schwer. Eigentlich müsste ja jede Firma und jede Institution glücklich sein über eine Reaktion des Kunden. Denn so kann sie ihr Angebot verbessern und diesen Kunden und andere leichter an sich binden und so fast kostenlos Werbung für sich machen. Es ist wie ein außerbetriebliches, preiswertes Vorschlagswesen, während sie für ihr innerbetriebliches Prämien ausloben muss.
Wichtig für die Verarbeitung der Kritik ist, dass sie vom Kunden konstruktiv formuliert wird – trotz allen Zorns über eine liderliche Dienstleistung oder ein mangelhaftes Produkt. Es gibt inzwischen mehrere Wege für eine Beschwerde. Naheliegend ist, sich zunächst direkt an die Firma zu wenden, die freilich in Versuchung ist, Einzelfälle ohne Öffentlichkeit eher knapp und unbefriedigend abzufertigen. Gelegentlich gibt es auch Ombudsmänner/frauen bei Unternehmen oder Behörden, die Beschwerden aufnehmen. Bei gröberen Fällen kann man sich auch an die verschiedenen Fernsehsender wenden, die gerne zum Beispiel bei Pfusch am Bau anschauliche und für die beteiligten Firmen sehr unangenehme Berichte bringen. Aber so etwas ‚versendet sich’, es hallt nur eine kurze Zeit nach. Eine weitere Möglichkeit sind die Petitionsausschüsse, nicht nur im Bundestag sondern auch in den Land- und Kreistagen. Aber das dauert lange und verspricht nicht immer Erfolg.
Eine relativ junge und sehr erfolgversprechende Variante sind Internetportale, bei denen man seine Beschwerde loswerden kann. Denn diese stellen etwas her, was für die angeklagten Firmen, Behörden, Institutionen außerordentlich unangenehm ist – nämlich eine dauerhafte Öffentlichkeit: Der Fall bleibt auf Jahre im Internet stehen und kann über die Suchmaschinen von jedermann immer wieder aufgerufen werden. Zweitens finden sich hier am einfachsten und schnellsten weitere Betroffene eines mangelhaften Produktes zusammen, so dass aus einem Einzelfall, den eine Firma vielleicht noch ignorieren kann, schnell eine mächtige Welle werden kann, die das Unternehmen dann ernstnehmen muss.
Nun zu einigen schönen Beispielen einer gelungenen Beschwerde:
Beispiel I: Günther Jauch. Selbst er, der prominente Fernsehmoderator, hatte in Potsdam schlechte Karten bei den Bürokraten der Stadtverwaltung. Als engagierter Investor in die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude in der brandenburgischen Landeshauptstadt scheiterte er oft am Starrsinn einzelner Beamter. Jauch schrieben ihnen schließlich resigniert, wie einem Bericht des „Handelsblattes“ zu entnehmen war, dass sie den Unsinn bekämen, den sie haben wollten. Dennoch wollte sich Jauch damit nicht abfinden und wandte sich an den Potsdamer Oberbürgermeister. Hier half sicher Jauchs Bekanntheit, denn der Oberbürgermeister ließ doch tatsächlich die Arbeit der Bauaufsichts- und Denkmalschutzbehörde von externen Fachleuten prüfen. Und schau an – der Verwaltungsjurist Ulrich Battis stellte fest, dass die Potsdamer Verwaltung willkürliche und zum Teil unsinnige Entscheidungen gefällt hatte. Das hatte Folgen, auch das ist natürlich für eine Verwaltung, eine ostdeutsche zumal, ungewöhnlich: Der Oberbürgermeister richtete eine zentrale Anlaufstelle für den Bau- und Denkmalschutzbereich ein. „Man ist nicht mehr Bittsteller, sondern spricht auf Augenhöhe mit den Verwaltungsleuten“, resümiert Jauch.
Beispiel II: Die Deutschen sind immerhin schon recht beherzt beim Sich-Beschweren. Das stellte die EU-Kommission fest. Der EU-Ombudsmann Nikiforos Diamandouros berichtete kürzlich, etwa jede sechste Beschwerde (16 Prozent) kämen aus Deutschland. Das ist doch schon ein guter Anfang! Dahinter rangieren Spanien (11 Prozent) und Polen (acht Prozent). Insgesamt gingen 2007 bei dem Bürgerbeauftragten 3211 Beschwerden ein. In mehr als zwei Drittel aller Fälle habe sein Amt helfen können. Gewiss kann man dazu anmerken, dass die Arbeit der EU einschließlich Kommission, Verwaltung und Parlament noch mehr Kritik verdient hat. Aber das kann sich ja noch verbessern.
Internet-Beschwerde-Foren I
Es gibt verschiedene Beschwerde-Foren im Internet. Eines davon ist die Seite www.verbraucherschutz.de.

Träger ist der facet Verbrauchergesellschaft e.V., Vorsitzender ist Jens-Peter Ivan. Auf der ersten Seite finden sich ein Eingang zur Hauptseite und “unsere Spezialtipps”. Diese beziehen sich auf Berufsunfähigkeitsversicherungen, steueroptimierte Kapitalanlagen und die “Falle der Krankenkassen”. Experten von facet erteilen dazu Rat. Dies ist für ein Beschwerdeforum sicher eine etwas eigenwillige Mischung, die zusammen mit dem einfachen Design auch ziemlich altbacken wirkt.
Über die Hauptseite gelangt man in das Forum, wo man sich mit Beschwerden über Firmen und Dienstleister eintragen kann. Bislang gibt es offenbar 2.251 Einträge, in denen sich die Nutzer des Forums über ihre Erfahrungen mit einer bestimmten Firma oder einem Produkt austauschen. Ein gravierender Nachteil dieser Seite ist, dass die Einträge nicht von den Suchmaschinen gelesen werden können, so dass die Kommunikation in diesem Forum gleichsam wie in einem Vereinsheim stattfindet – extern hat es keine Wirkung.
Internet-Beschwerde-Foren II
Eine weitere, in ihrer Reichweite begrenzte Seite für Beschwerden ist www.mecker-ziege.de.

Ihr Anspruch ist recht einfach: “Meckern, Motzen, Schimpfen und Beschweren, 24 Stunden am Tag! Mach auch du mit! Ob im Alltag, Schule oder Job… lass deinen Hass und Frust raus!”
Mecker-Ziege, so schreiben die Macher, “ist das virtuelle Projekt von einer paar Freunden, die sich als selbsternanntes Experten-Team in Sachen Meckern, Motzen und Dampf ablassen einen Namen machen wollen.” Bis dato sind 341 Beiträge verzeichnet und 2.256 Kommentare. Die Beschwerderubriken reichen von Amt und Behörde über DVD bis hin zu “Babes” (Frauen). Der Ton der Beiträge trumpft meist kräftig auf, hat aber wohl kaum externe Wirkung, auch weil die Firmen oder Institutionen, über die sich die Nutzer der Seite beschweren, nicht einbezogen werden.
Internet-Beschwede-Foren III
Eine vielbesuchte Seite ist www.verbraucherschutz-forum.de.

Sie nennt sich “die Informations-Drehscheibe von Verbrauchern – für Verbraucher”. Verantwortlich für den Internet-Auftritt ist Volker Beecken. Sein Ziel ist ein “wirksamer Informationsaustausch zwischen Verbrauchern” und damtit eine Einwirkung auf die Politik, den Verbraucherschutz zu verbessern. Damit zeigt sich die Seite recht staatsgläubig und den Verbraucher zugleich als zu beschützendes Wesen. Dem entspricht die Weigerung des Betreibers der Seite, sie zu ökonomisieren – sprich Einnahmen damit zu verbinden. Werbung wird ausdrücklich abgelehnt, statt dessen wird um Spenden gebeten.
Dies führt allerdings dazu, dass die technische Ausrüstung der Seite so schwach ist, dass sie permanent überlastet ist. Dies wird auch angezeigt, manchmal ist sie tagsüber zu “200 Prozent” ausgereizt und es wird geraten, sie erst wieder nachts zu besuchen.
Der Weg, um einen Beschwerdetext einzustellen, ist recht verschlungen und stößt sicher solche Nutzer ab, die sich mit dem Internet nicht gut auskennen. Die Reaktion auf die Beiträge beschränkt sich auf die anderen Beschwerdeführer, es gibt keine Einbeziehung der Firmen oder Institutionen, über die man sich beschwert.
Beschweren macht Spaß
Beschweren macht Spaß
Sich Beschweren bedeutet das Gegenteil. Man entschwert sich, meistens jedenfalls, wird seinen Ärger, seine Enttäuschung los, und beschwert jemand anderen. Beschweren kann zudem heißen, ein Produkt oder eine Dienstleistung zu verbessern.
Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt, hieß ein schöner Spruch der 68er. Jeder hat in seinem Leben schon zahlreiche Situationen erlebt, in denen er mit einer Sache, einer Dienstleistung, einer Behörde nicht zufrieden war. Sich beschweren ist trotz der manchmal geradezu feindseligen Reaktion von Firmen oder Behörden keine Störung einer feingefügten Ordnung – sondern eine Tat mit ökonomischer und sozialer Bedeutung: Die Firma, die Behörde erhält die Gelegenheit, nicht nur das Problem desjenigen zu lösen, der sich beschwert, sie kann außerdem leichter anderen, nachfolgenden Kunden, Klienten, Bürgern, Patienten bessere Produkte und Dienstleistungen anbieten.
Wer sich beschwert, arbeitet also an der Verbesserung der Welt. Wer sich beschwert, nimmt ein urdemokratisches Recht wahr.
Damit aber tun sich aber immer noch viele Anbieter von Leistungen schwer. Eigentlich müsste ja jede Firma und jede Institution glücklich sein über eine Reaktion des Kunden. Denn so kann sie ihr Angebot verbessern und diesen Kunden und andere leichter an sich binden und fast kostenlos Werbung für sich machen. Es ist wie ein außerbetriebliches, preiswertes Vorschlagswesen, während sie für ihr innerbetriebliches Prämien ausloben muss.
Wichtig für die Verarbeitung der Kritik ist, dass sie vom Kunden konstruktiv formuliert wird – trotz allen Zorns über eine liderliche Dienstleistung oder ein mangelhaftes Produkt. Es gibt inzwischen mehrere Wege für eine Beschwerde. Naheliegend ist, sich zunächst direkt an die Firma zu wenden, die freilich in Versuchung ist, Einzelfälle ohne Öffentlichkeit eher knapp und unbefriedigend abzufertigen. Gelegentlich gibt es auch Ombudsmänner/frauen bei Unternehmen oder Behörden, die Beschwerden aufnehmen.
Bei gröberen Fällen kann man sich auch an die verschiedenen Fernsehsender wenden, die gerne zum Beispiel bei Pfusch am Bau anschauliche und für die beteiligten Firmen sehr unangenehme Berichte bringen. Aber so etwas ‚versendet sich’, es hallt nur eine kurze Zeit nach. Eine weitere Möglichkeit sind die Petitionsausschüsse, nicht nur im Bundestag sondern auch in den Land- und Kreistagen. Aber dieses Verfahren dauert lange und verspricht nicht immer Erfolg, weil es schnell in Bürokratie ertränkt werden kann.
Eine relativ junge und sehr erfolgversprechende Variante sind Internetportale, bei denen man seine Beschwerde loswerden kann. Denn diese stellen etwas her, was für die angeklagten Firmen, Behörden, Institutionen außerordentlich unangenehm ist – nämlich eine dauerhafte Öffentlichkeit: Der Fall bleibt auf Jahre im Internet stehen und kann über die Suchmaschinen von jedermann immer wieder aufgerufen werden. Zweitens finden sich hier am einfachsten und schnellsten weitere Betroffene eines mangelhaften Produktes zusammen, so dass aus einem Einzelfall, den eine Firma vielleicht noch ignorieren kann, schnell eine mächtige Welle wird, die das Unternehmen dann ernst nehmen muss.
Nun zu einigen schönen Beispielen einer gelungenen Beschwerde:
Beispiel I: Günther Jauch. Selbst er, der prominente Fernsehmoderator, hatte in Potsdam schlechte Karten bei den Bürokraten der Stadtverwaltung. Als engagierter Investor in die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude in der brandenburgischen Landeshauptstadt scheiterte er oft am Starrsinn einzelner Beamter. Jauch schrieben ihnen schließlich resigniert, wie einem Bericht des „Handelsblattes“ zu entnehmen war, dass sie deshalb nun den Unsinn bekämen, den sie haben wollten. Dennoch wollte sich Jauch damit nicht abfinden und wandte sich an den Potsdamer Oberbürgermeister. Hier half sicher Jauchs Bekanntheit, denn der Oberbürgermeister ließ doch tatsächlich die Arbeit der Bauaufsichts- und Denkmalschutzbehörde von externen Fachleuten prüfen. Und schau an – der mit der Prüfung beauftragte Verwaltungsjurist Ulrich Battis stellte fest, dass die Potsdamer Verwaltung willkürliche und zum Teil unsinnige Entscheidungen gefällt hatte. Das hatte Folgen, und auch das ist natürlich für eine Verwaltung, eine ostdeutsche zumal, ungewöhnlich: Der Oberbürgermeister richtete eine zentrale Anlaufstelle für den Bau- und Denkmalschutzbereich ein. „Man ist nicht mehr Bittsteller, sondern spricht auf Augenhöhe mit den Verwaltungsleuten“, resümiert Jauch zufrieden.
Beispiel II: Die Deutschen sind immerhin schon recht beherzt beim Sich-Beschweren. Das stellte die EU-Kommission fest. Der EU-Ombudsmann Nikiforos Diamandouros berichtete kürzlich, etwa jede sechste Beschwerde (16 Prozent) komme aus Deutschland. Das ist doch schon ein guter Anfang!
Dahinter rangieren Spanien (11 Prozent) und Polen (acht Prozent). Insgesamt gingen 2007 bei dem Bürgerbeauftragten 3211 Beschwerden ein. In mehr als zwei Drittel aller Fälle habe sein Amt helfen können.
Gewiss kann man dazu anmerken, dass die Arbeit der EU einschließlich Kommission, Verwaltung und Parlament noch mehr Kritik verdient hat. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Sich Beschweren bedeutet das Gegenteil
Sich Beschweren bedeutet das Gegenteil. Man entschwert sich, meistens jedenfalls, wird seinen Ärger, seine Enttäuschung los, und beschwert jemand anderen. Beschweren kann zudem heißen, ein Produkt oder eine Dienstleistung zu verbessern.
Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt, hieß ein schöner Spruch der 68er. Jeder hat in seinem Leben schon zahlreiche Situationen erlebt, in denen er mit einer Sache, einer Dienstleistung, einer Behörde nicht zufrieden war. Sich beschweren ist trotz der manchmal geradezu feindseligen Reaktion von Firmen oder Behörden keine Störung einer feingefügten Ordnung – sondern eine Tat mit ökonomischer und sozialer Bedeutung: Die Firma, die Behörde erhält die Gelegenheit, nicht nur das Problem desjenigen zu lösen, der sich beschwert, sie kann außerdem leichter anderen, nachfolgenden Kunden, Klienten, Bürgern, Patienten bessere Produkte und Dienstleistungen anbieten.
Wer sich beschwert, arbeitet also an der Verbesserung der Welt. Wer sich beschwert, nimmt ein urdemokratisches Recht wahr.
Damit aber tun sich aber immer noch viele Anbieter von Leistungen schwer. Eigentlich müsste ja jede Firma und jede Institution glücklich sein über eine Reaktion des Kunden. Denn so kann sie ihr Angebot verbessern und diesen Kunden und andere leichter an sich binden und so fast kostenlos Werbung für sich machen. Es ist wie ein außerbetriebliches, preiswertes Vorschlagswesen, während sie für ihr innerbetriebliches Prämien ausloben muss.
Wichtig für die Verarbeitung der Kritik ist, dass sie vom Kunden konstruktiv formuliert wird – trotz allen Zorns über eine liederliche Dienstleistung oder ein mangelhaftes Produkt. Es gibt inzwischen mehrere Wege für eine Beschwerde. Naheliegend ist, sich zunächst direkt an die Firma zu wenden, die freilich in Versuchung ist, Einzelfälle ohne Öffentlichkeit eher knapp und unbefriedigend abzufertigen. Gelegentlich gibt es auch Ombudsmänner/frauen bei Unternehmen oder Behörden, die Beschwerden aufnehmen.
Bei gröberen Fällen kann man sich auch an die verschiedenen Fernsehsender wenden, die gerne zum Beispiel bei Pfusch am Bau anschauliche und für die beteiligten Firmen sehr unangenehme Berichte bringen. Aber so etwas ‚versendet sich’, es hallt nur eine kurze Zeit nach. Eine weitere Möglichkeit sind die Petitionsausschüsse, nicht nur im Bundestag sondern auch in den Land- und Kreistagen. Aber das dauert lange und verspricht nicht immer Erfolg.
Eine relativ junge und sehr erfolgversprechende Variante sind Internetportale, bei denen man seine Beschwerde loswerden kann. Denn diese stellen etwas her, was für die angeklagten Firmen, Behörden, Institutionen außerordentlich unangenehm ist – nämlich eine dauerhafte Öffentlichkeit: Der Fall bleibt auf Jahre im Internet stehen und kann über die Suchmaschinen von jedermann immer wieder aufgerufen werden. Zweitens finden sich hier am einfachsten und schnellsten weitere Betroffene eines mangelhaften Produktes zusammen, so dass aus einem Einzelfall, den eine Firma vielleicht noch ignorieren kann, schnell eine mächtige Welle werden kann, die das Unternehmen dann ernst nehmen muss.
Nun zu einigen schönen Beispielen einer gelungenen Beschwerde:
Beispiel I: Günther Jauch. Selbst er, der prominente Fernsehmoderator, hatte in Potsdam schlechte Karten bei den Bürokraten der Stadtverwaltung. Als engagierter Investor in die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude in der brandenburgischen Landeshauptstadt scheiterte er oft am Starrsinn einzelner Beamter. Jauch schrieben ihnen schließlich resigniert, wie einem Bericht des „Handelsblattes“ zu entnehmen war, dass sie den Unsinn bekämen, den sie haben wollten. Dennoch wollte sich Jauch damit nicht abfinden und wandte sich an den Potsdamer Oberbürgermeister. Hier half sicher Jauchs Bekanntheit, denn der Oberbürgermeister ließ doch tatsächlich die Arbeit der Bauaufsichts- und Denkmalschutzbehörde von externen Fachleuten prüfen. Und schau an – der Verwaltungsjurist Ulrich Battis stellte fest, dass die Potsdamer Verwaltung willkürliche und zum Teil unsinnige Entscheidungen gefällt hatte. Das hatte Folgen, auch das ist natürlich für eine Verwaltung, eine ostdeutsche zumal, ungewöhnlich: Der Oberbürgermeister richtete eine zentrale Anlaufstelle für den Bau- und Denkmalschutzbereich ein. „Man ist nicht mehr Bittsteller, sondern spricht auf Augenhöhe mit den Verwaltungsleuten“, resümiert Jauch.
Beispiel II: Die Deutschen sind immerhin schon recht beherzt beim Sich-Beschweren. Das stellte die EU-Kommission fest. Der EU-Ombudsmann Nikiforos Diamandouros berichtete kürzlich, etwa jede sechste Beschwerde (16 Prozent) kämen aus Deutschland. Das ist doch schon ein guter Anfang!
Dahinter rangieren Spanien (11 Prozent) und Polen (acht Prozent). Insgesamt gingen 2007 bei dem Bürgerbeauftragten 3211 Beschwerden ein. In mehr als zwei Drittel aller Fälle habe sein Amt helfen können.
Gewiss kann man dazu anmerken, dass die Arbeit der EU einschließlich Kommission, Verwaltung und Parlament noch mehr Kritik verdient hat. Aber das kann sich ja noch verbessern.
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